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Morgenstern-Kindergarten: Eine Gründungsinitiative für die Zukunft

Was wir für Sachsens Zukunft tun können

1.     Sachsen leidet an Lehrermangel

Wir brauchen Schüler, die gelernt haben, eigenverantwortlich zu lernen. Der Lehrermangel an sächsi­schen Schulen wird offiziell mit 700 leeren Stellen beziffert, andere Quellen vermuten mehrere tausend72. In den nächsten 10 Jahren werden 15.000 Lehrer­stellen neu zu besetzen sein.[1] &xnbsp;Schon heute haben 50 % aller neu eingestellten Lehrkräfte in Sachsen keine reguläre Lehrerausbildung, sondern sind Quereinsteiger, die eine berufsbegleitende Weiterbildung absolvieren. Die befürchteten Folgen des anhaltenden Lehrermangels sind größere Klassen, weniger Einzelbetreuung und mehr Unterrichtsausfälle. Wir brauchen entweder viele Lehrer, oder aber „Kindergartenabsolventen“, die in der Schule selbstverantwortlich lernen können. Selbstverantwortliches Lernen wiederum muss frühzeitig angelegt werden.

Unser Kindergartenkonzept sieht Lernen aus Interesse an der Sache, in gegenseitiger Achtung und Zuneigung und aus Freude am Lernen vor. Was hier noch durch natürliche Nachahmung gewährleistet ist, wird später in der Schule zu freiem, selbst­ver­ant­wor­te­tem lernen. Manuelle Geschicklichkeit wird zu gedanklicher Wendigkeit. Wir laden Handwerker und Kunst­hand­werker in den Kinder­garten ein, die dort an exponierter Stelle ihrer Hand-Arbeit nach­gehen. Auch die Erzieherinnen und Erzieher sind angehalten, die notwendigen Verrichtungen in Haus und Garten gemeinsam mit den Kindern und vor den Kindern aus­zu­führen. Die Kinder erleben so, wie die Erwachsenen um sie herum ihrer Arbeit nachgehen, wie sie mit ihren zwei Händen die Welt ver­ändern. Die Zuversicht, dass jeder Mensch das kann, darf in den Kindern heranwachsen. So können sie zu selbstbewussten, lebenslang lernfähigen Persön­lich­keiten heranreifen, die zum Schuleintritt über wichtige Alltagskompetenzen verfügen. Sie haben gelernt, ihre Fähigkeiten in eine Gemeinschaft einzubringen und die Arbeit anderer zu achten.

2.     Sachsen leidet an Mittelknappheit

Eine Studie aus Ypsilanti (Michigan, USA) hat gezeigt, dass jeder Dollar, den man in einen guten Kindergarten steckt, sich hinterher um ein vielfaches auszahlt: Im „Scope Perry Preschool Project“[2] wurden Kinder aus bildungsfernen Familien im Kindergarten maximal gefördert und dann 27 Jahre lang nachbeobachtet.


 

Im Vergleich zu den Kindern, die nicht diesen „teu­ersten Kindergarten der Welt“ besucht hatten, waren die späteren Einsparungen bezüglich Gefängnis­unter­bringung, Entziehungskuren, Arbeitslosengeld, Erwerbsunfähigkeit, Sozialbetreuung usw. um ein sechsfaches höher, als die initialen Ausgaben für den Kindergarten.[3]

Die Kosten für Inobhutnahme von Minderjährigen z. B. haben sich in Deutschland seit 2005 verdoppelt und belaufen sich derzeit auf jährlich 9 Milliarden Euro.[4]

Welches Land und welche Stadt kann sich diese Kosten länger leisten, die entstehen können, wenn nicht in gute Kindergärten investiert wird?!

Der Morgenstern-Kindergarten will im Rahmen des Regelbudgets – ergänzt durch Sponsorengelder von Firmen und an guter Vorschulerziehung interessierten Privatpersonen – nach eben diesem Grundsatz arbeiten: Schauen, was das Kind braucht, und das so früh wie möglich herbeischaffen: Sprachförderung, Ergotherapie, Abbau frühkindlicher Reflexmuster, Reizabschirmung, Zuwendung, Bewegung, entwicklungsfördernde Ernährung und enge Zusammenarbeit mit den Eltern. Daher sieht das Konzept eine kindergartenärztliche Begleitung vor.

Die moderne Bindungsforschung kann in zahlreichen Studien belegen: je kleiner ein Kind ist, desto wichtiger und desto wirksamer ist die Befriedigung seiner elementaren Bedürfnisse für das leibliche, seelische und mentale Wohlbefinden ein Leben lang. Aus Urvertrauen wird dann später Selbstvertrauen.[5] Daher gehört es zum Konzept des Morgenstern-Kindergartens, auch eine Kinderkrippe einzurichten und dort so gut als möglich umzusetzen, was wir aus der Bindungsforschung wissen.

3.     Sachsens Kinder leiden an Adipositas und Bewegungsmangel

Bei der Einschulung ist jedes elfte Kind übergewichtig oder leidet sogar an Fettsucht (Adipositas).[6] Dies ist zugleich Folge von, als auch Ursache für Bewegungsmangel. Übergewicht und Bewegungsmangel gelten als Hauptrisikofaktoren für sämtliche sog. Zivilisationskrankheiten. In Studien konnte gezeigt werden, dass eine Veränderung des Lebensstils ebenso wirksam bei der Behandlung von Bluthochdruck und Diabetes Typ II ist, wie Tabletten und Spritzen. Da der künftige Lebensstil bereits in der Kindheit "erlernt" wird, sollte bereits im Kindergarten und in der Schule gesundheitsförderndes Verhalten selbstverständlich sein.&xnbsp;

 

Im Vergleich der Bundesländer steht Sachsen schon heute mit den meisten Diabetikern da[7]. In den nächsten 13 Jahren, bis unsere Schützlinge Erwachsen sind, könnten durch eine weniger schädliche Lebensweise über 18.000 Sachsen vor Diabeteserkrankung bewahrt werden.[8]

Gesundheitsverhalten bezüglich Ernährung und Bewegung wird in den ersten Lebensjahren für das ganze Leben geprägt. Wer später gesunde Erwachsene haben will, muss jetzt die Kindergarten­kinder für gesunde Ernährung und körperliche Bewegung begeistern. Das tun wir.

Der Morgenstern-Kindergarten legt großen Wert auf vollwertige Nahrungsmittel aus regionalem und da­durch nachhaltigem Anbau. Im Freispiel und beim angeleiteten Spielturnen sollen die Kinder in ihrem natürlichen Bewegungsbedürfnis bestätigt werden. Größere Kinder erleben regel­mäßig einen Tag im Wald. Davon profitieren gerade auch die Jungen, noch mehr wenn sie eine Neigung zur Hyper­aktivität haben.[9] Aber auch für die bewegungsarmen Kinder schafft der Tag im Freien eine Anregung zur gesunden Bewegung.

4.     Qualität statt Quantität

Durch die Devise „Jedem Kind einen KiTa-Platz“ wurde zwar quantitativ viel in Dresden geschafft. Leicht kann dabei übersehen werden, dass neben dem Betreuungsauftrag auch ein Erziehungsauftrag und sogar ein Bildungsauftrag an die Kindertagesstätten ergeht.

Der Morgenstern-Kindergarten arbeitet nach den Gesichtspunkten der Waldorfpädagogik, die sich weltweit mit über 1.000 Schulen und 1.850 Kindergärten (davon 555 allein in Deutschland) seit 70 Jahren bewährt hat. Dass auch in Dresden die Nachfrage deutlich höher ist, als das Angebot, das hat unsere Umfrage bei den bestehenden Waldorfkindergärten ergeben: In der Summe werden jährlich über 100 Absagen aus Kapazitätsgründen erteilt (Doppelzählungen möglich). Wenn ein Kindergarten in Prohlis/Niedersedlitz angesiedelt ist, der Elternhäuser wegen des Konzepts auch aus anderen Stadtteilen anzieht, dann ist eine gesunde Durchmischung gewährleistet von Kindern, die kommen, weil es nahe ist und Kindern, die kommen, weil es gut ist.


 

Randgruppen einbeziehen

Gerade, wo soziale Brennpunkte und Migration besondere Anforderungen an die Einrichtung stellen, sollte auf eine bewährte Pädagogik zurückgegriffen werden, die neben dem Betreuungsauftrag auch dem Erziehungs- und Bildungsauftrag gerecht werden kann. Aber auch Kinder mit Entwicklungs­verzögerung, Verhaltensauffälligkeit oder Behinderung brauchen eine besondere Förderung, damit sie ihren Möglichkeiten entsprechende optimale Chancen haben.

Der Morgenstern-Kindergarten möchte auch Kinder mit individuellen pädagogischen Bedarfen auf­nehmen. In unserem Integrationskonzept wird beschrieben, wie wir mehrere Kinder mit heil­päd­agogi­schem Betreuungsbedarf in die Gruppen integrieren wollen. Ferner sollen in jeder Gruppe auch Plätze reserviert werden für Kinder aus bildungsfernen Schichten, sowie für Kinder aus Flüchtlings­familien, die sich hier integrieren wollen.

Eine förderliche Erziehungspartnerschaft mit den Eltern ist uns besonders wichtig. Damit eine stabile Elternarbeit gewährleistet ist, können interessierte Eltern, die schon länger dabei sind, eine Elternpatenschaft übernehmen für neu hinzugekommene.

5.     Fazit

Wir sind der Überzeugung, dass Dresden einen Kindergarten braucht, der mit bewährter Pädagogik Kinder langfristig in die Lage versetzt, ein körperlich, seelisch und geistig gesundes Leben selbstverantwortlich zu führen. Die so im Kindergarten erzogenen und gebildeten Kinder haben gute Voraussetzungen, später für andere Menschen, für die Gemeinschaft und für unser Land eine Stütze zu sein. Deshalb bemühen wir uns seit 5 Jahren intensiv um ein Gebäude, eine Aufnahme in den Bedarfsplan der Stadt Dres­den und um interessierte Mitarbeiter, mit denen wir schon jetzt regelmäßig Seminare veranstalten.

 

Dresden, den 12.09.2018

Dr. med. Michael Schnur
Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin
Schularzt an der Freien Waldorfschule Dresden
Ärztlicher Leiter Rettungsdienst
im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Vorstandsvorsitzender im Morgenstern Dresden e.V. Verein zur Pflege der Waldorfpädagogik
im ersten Jahrsiebt

 

Dr. phil. Cornelia Klink
wissenschaftliche Mitarbeiterin
TU Dresden
Fakultät Erziehungswissenschaften
stellvertretende Frauenbeauftragte der TU Dresden
Hebamme

Stellvertretende Vorstandsvorsitzende
im Morgenstern Dresden e.V.
Verein zur Pflege der Waldorfpädagogik

im ersten Jahrsiebt

 

 

 

 



[3] Wüllenweber, Walter: Die Asozialen. DVA-Verlag 2012

[5] Posth, Rüdiger: Vom Urvertrauen zum Selbstvertrauen: Das Bindungskonzept in der emotionalen und psychosozialen Entwicklung des Kindes. Waxmann-Verlag

[6] &xnbsp;&xnbsp; Übergewicht und Adipositas im Schulalter 2016. Gesundheitsberichterstattung der Länder, Themenbereich 4 „Gesundheitsrelevante Verhaltensweisen“. Indikator 4.9 (Stand: Mai 2017)

[8] „Von den für Deutschland prognostizierten Zuwächsen bis 2030 könnten 210.000 (21%) Diabetesfälle bei Männern und 160.000 Fälle bei Frauen (31%) vermieden werden.“ Quelle am 06.12.17: http://www.diabetes-deutschland.de/aktuellesituation.html. In Sachsen leben ca. 5% der Bundesbevölkerung.

"Lachen und Lächeln sind Tor und Pforte, durch das viel Gutes in den Menschen hineinhuschen Kann."

Christian Morgenstern



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